Neddenaverbergen. Entschieden ist überhaupt nichts und die CDU wird die Errichtung weiterer Windkraftanlagen in der Gemarkung Neddenaverbergen nur dann unterstützen, wenn eine Zustimmung in der Bevölkerung dafür gegeben ist. Dies war die Kernaussage der beiden Fraktionsvorsitzenden Günter Lühning (Gemeinderat) und Wilhelm Hogrefe (Kreistag) bei einer gut besuchten Bürgerversammlung am Donnerstag, 17.12.2009 in der Schützenhalle.
Zu Beginn begrüßten die örtlichen Gemeinderatsmitglieder Holger Cordes und Nils Heise die vielen am Thema interessierten Bürgerinnen und Bürger aus Armsen, Neddenaverbergen und Kükenmoor-Verdenermoor: “Die Gerüchteküche brodelt. Deshalb wollen wir informieren und einen Dialog zwischen den Anwohnern, den Grundeigentümern und den verantwortlichen Rats- und Kreistagsmitgliedern einleiten“. Als mögliche Investoren für weitere Windräder, die ihre Pläne im zweiten Teil des Abends auch detailliert erläuterten,waren Heidewind-Geschäftsführer Jörg Lüning aus Holtum und Hans-Heinrich Behrens, Projektentwickler der ENERCON GmbH erschienen.
Zunächst beschrieben die Kreistagsabgeordneten Wilhelm Hogrefe und Günter Lühning in ihren Informationsvorträgen die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen für die Windkraftnutzung: “Deutschland will spätestens 2020 über 30 Prozent des Stroms aus regenerativen Energien decken“. Dies solle hauptsächlich mit der umweltfreundlichen Windenergienutzung erreicht werden. Derzeit sei bereits ein Stand von 17 Prozent erreicht.
Wilhelm Hogrefe erläuterte auch die „20-20-20 bis 2020"-Formel der EU zum Klimaschutz:
- die Emission von Treibhausausgasen soll um 20% sinken
- der Anteil erneuerbarer Energien in der EU soll auf 20% steigen (in Deutschland: 30 %) *)
- die Energieeffizienz um 20% verbessert werden
*) In der Gemeinde Kirchlinteln wird bereits seit 2008 der Strombedarf zu 106 % aus Erneuerbaren Energien gedeckt!
Vor der Küste habe der Bau riesiger Windparks bereits begonnen, da hier die Energieausbeute besonders groß sei. „Vor diesem Hintergrund ist ein weiterer Ausbau der Windenergie in dichter besiedelten Räumen nur dann politisch vertretbar, wenn dies auch Vorteile für die Menschen vor Ort bringt“, erklärte dazu Wilhelm Hogrefe.
Hinsichtlich des Vorschlags der Kreisverwaltung für einen möglichen Windenergie-Vorrangstandort Neddenaverbergen erläuterte Günter Lühning anschließend den Planungstand. Danach müsse die von den Investoren gewünschte Erweiterung des vorhandenen Windparks in Richtung Autobahn 2010 geprüft werden. Zunächst werde nur das vorhandene Gebiet mit den vier Windrädern zu einem „Raumbedeutsamen Windenergiestandort, wenn der Kreistag dem so zustimmt“. Eine Erweiterung des 26 Hektar großen Gebietes sei damit nicht automatisch verbunden, betonte Günter Lühning.
Bei der Neuaufstellung des Regionalen Raumordnungsprogrammes (RROP) laute die Vorstellung der Kreisverwaltung „Gleiche Fläche – Doppelte Leistung". Die Windenergie-Vorranggebiete im Kreisgebiet umfassen derzeit 500 Hektar und die 52 raumbedeutsamen Windräder haben eine Nennleistung von 79 Megawatt (MW). Gegenüber der Presse ging Regionalplanerin Karin Griwatz vom Planungsamt des Landkreises weiterhin von 500 Hektar Windenergie-Vorrangflächen aus. Durch „Repowering", also den Austausch alter Windräder und neue, leistungsstärkere und höhere Windräder solle das Leistungspotenzial aber von 79 MW auf mindestens 138 Megawatt fast verdoppelt werden. Bei 138 MW Nennleistung ließe sich der gesamte Stromverbrauch im Landkreis aus Windenergie erzeugen, betonte Günter Lühning
Die Firma ENERCON, die dort die Windmühlen betreibt, hätte das Recht, diese Anlagen später im Rahmen eines „Repowerings“ mit leistungsstärkeren und höheren Anlagen zu bebauen. Zu Befürchtungen derAnlieger hinsichtlich stärkerer Belastungen erläuterten die beiden Abgeordneten, dass die Gemeinde Kirchlinteln im Rahmen eines Vertrages mit der Firma auch den derzeitigen Zustand fest schreiben, bzw. eine Höhenbegrenzung baurechtlich festlegen könne.
Auf alle Fälle werde sich die CDU kreisweit für eine Höhenbegrenzung einsetzen. Außerdem werde die Kreistagsfraktion nur dann ihre Zustimmung geben, wenn es zwischen den Grundeigentümern und den Anliegern zu einem Kompromiss komme. Für alle Menschen in der Gemeinde sei auch die Höhe der von den Windmühlenbetreibern zu zahlenden Gewerbesteuer wichtig und die Frage, ob sich die Bürger vor Ort mit gut verzinslichen Einlagen beteiligen können und damit direkt „etwas vom Ertrag abbekommen“. Die CDU stehe für eine sozial verträgliche Windenergie-Nutzung und will neue Windenergieanlagen mit den Bürgern, aber nicht gegen die Bürger realisieren.
Dipl.-Ing. Hans-Heinrich Behrens vom deutschen Windenergie-Marktführer Enercon mit 14.000 Mitarbeitern und Produktionsstätten in Emden, Aurich und Magdeburg berichtete über die Vorstellungen von Enercon zur Erweiterung des Windparks. Die vier Windenergie-Anlagen in Neddenaverbergen mit einer Gesamthöhe von 100 Metern und jeweils 2 Megawatt Nennleistung werden von Enercon betrieben. In gut 1.000 Meter Abstand von der Wohnbebauung in Neddenaverbergen kann sich Enercon eine Erweiterung um bis zu 4 moderne Windräder des Technologie-Führers vorstellen.
Am Beispiel der c mit 2,3 Megawatt Nennleistung und 108 m Nabenhöhe erläuterte Behrens den Energieertrag und die Schadstoff-Einsparung. Ein „E 82"-Windrad erzeugt jährlich 4,5 Millionen Kilowattstunden Strom, spart 3.852 Kohlendioxid (CO 2) und produziert „sauberen" CO 2 freien Strom für 1.250 Haushalte.
Auch Heidewind-Geschäftsführer Jörg Lüning, der zwei kleine und zwei große Windräder in Holtum (Geest) mit Erfolg betreibt, würde Enercon-Windräder errichten lassen. Zur Wohnbebauung würde die gewünschte Erweiterungsfläche 1.400 Meter einhalten, doppelt so viel, wie nach den aktuell gültigen Abstandskriterien des Landkreises vorgesehen sind. Am liebsten würde Jörg Lüning bis zu 4 Windräder der neuen 6 MW-Klasse mit rund 200 Meter Gesamthöhe errichten. Da seine Betreiberfirma ihren Sitz in der Gemeinde Kirchlinteln hätte, würden 100 % der Gewerbesteuern an die Gemeinde Kirchlinteln fließen, bei auswärtigen Betreibern erhält die Gemeinde Kirchlinteln nur 70 % (Ort des Windparks) und die restlichen 30 % fließen an die Kommune mit dem Firmensitz der Betreibergesellschaft.
Behrens und Lüning versprachen
- Bürger-Windräder zu ermöglichen, damit sich Einwohner aus der Region an der umweltfreundlichen und Rendite-starken Investition beteiligen könnten
- einen Ortschafts-Fond oder eine örtliche Stiftung mit Kapital auszustatten – zur Förderung der Ortsentwicklung, der Vereine und besonderer Projekte.
Unser nachfolgendes Schaubild zeigt
a.) die Lage des jetzigen, 26 Hektar großen Windparks mit 4 Windrädern (100 m Gesamthöhe, 2 MW je WEA)
b.) die ungefähre Lage der von den möglichen Investoren gewünschten Erweiterungsfläche, jeweils 1.000 m bzw. 1.400 m von der Wohnbebauung Neddenaverbergen entfernt.
1. Stimmungsbild zu Windpark-Plänen
46,8 % für Erweiterung – 44,9 % dagegen – Befragung in 2010 gewünscht
Neddenaverbergen. Ratsherr Nils Heise präsentierte beim CDU-Bürgerforum in der Schützenhalle die Ergebnisse der durchgeführten Bürgerbefragung. Aus 156 Haushalten in Neddenaverbergen, Armsen und Kükenmoor-Verdenermoor waren Antwortbogen eingegangen. Die Befragung sei zwar nicht wissenschaftlich fundiert und repräsentativ, wie von einer Bürgerin kritisiert wurde, stelle aber zumindest ein Stimmungsbild dar, so CDU-Fraktionsvorsitzender Günter Lühning.
Zunächst wurde nach der Zustimmung zur Nutzung Erneuerbarer Energien gefragt. Die Nutzung der Sonnenenergie erhielt dabei mit 84 % die höchste Zustimmung, gefolgt von der Windenergie (63,5 %) und den Nachwachsenden Rohstoffen (49 %). Mehrfach-Nennungen waren hier möglich. Nur 7,1 % der Antwortgeber waren die Erneuerbaren Energien „egal".
Die 2. Frage beschäftigte sich mit der angedachten Erweiterung des Windparks zum „raumbedeutsamen Vorrangstandort". Insgesamt 46,8 % waren für eine Erweiterung, davon wären aber nur 16,7 % der Antwortgeber mit neuen Windrädern ohne Höhenbegrenzung einverstanden. 30,1 % der Antwortgeber will neue Windräder auf eine Nabenhöhe von höchstens 120 Meter begrenzt wissen. Einige Bürger machten zusätzliche schriftliche Hinweise und sprachen sich für Anlagen mit höchstens 100 Metern Gesamthöhe aus. 44,9 % der Antwortgeber sind nach dem aktuellen Stimmungsbild gegen eine Erweiterung, in Neddenaverbergen sogar 53,2 %. Gut 6 Prozent zeigten sich „nicht begeistert", könnten aber „mit einer Erweiterung leben". Sobald 2010 konkrete Pläne vorliegen könnte es eine konkrete, noch aussagekräftigere Bürgerbefragung geben, war der Wunsch der Bürger nach diesem ersten Stimmungsbild.
Bericht: Wilhelm Hogrefe u. Günter Lühning
Fotos: Steffen Lühning
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